Die Niedergottsauer ließen sich ganz schön bitten
Die Freiwillige Feuerwehr Marktl feiert nächstes Jahr im Juni ihr 155-jähriges Gründungsfest – das geplante 150-Jährige fiel der Coronapandemie zum Opfer – und hat nun nach dem erfolgreichen Patenbitten im Festzelt auf dem Gelände der Firma Mooslechner in Niedergottsau einen standesgemäßen „Göd“ gefunden.
Nahezu 550 Besucher erlebten am Freitagabend bei den Bittdurchgängen und spaßigen Einlagen einen urigen Brauch und echte Kameradschaft zwischen den Nachbarfeuerwehren. Die Patenschaft der Niedergottsauer Wehr wurde nach einem vier Stunden langen Gaudi-Programm mit insgesamt 500 Litern Bier erkauft: Den Großteil müssen die Bittsteller aufbringen, aber auch die Festbrauerei „Bräu im Moos“ und Getränkelieferant Franz X. Bruckner ließen sich einige abtrotzen. Bis das alles herausgeholt wurde, hatten die Vorstandsmitglieder, der Festausschuss mit Benedikt Seeling an der Spitze, Schirmherr Bürgermeister Benedikt Dittmann, Pfarrer Peter Meister und die Festdamen einige liebevolle Gemeinheiten über sich ergehen lassen müssen.
Eingeleitet wurde der Abend mit einem Festzug und dem Empfang der Marktler durch die Niedergottsauer Kameraden mit Vorstand Michael Obergröbner und Kommandant Thomas Eckbauer an der Spitze. Die Festkapelle „d´Veranstaltung“ brachte gleich von Anfang an eine bombige Stimmung in das Zelt und unterhielt die Besucher den ganzen Abend mit schneidiger Blasmusik, Gstanzln, spaßigen Liedern und Bigband-Klängen. Alle Gäste wurden bestens mit Speis und Trank versorgt.
Wer braucht schon teure Eintrittskarten für ein Kabarett, wenn er die optimale Unterhaltung beim Patenbitten kostenlos und auf unnachahmliche Weise serviert bekommt? Die Niedergottsauer stellten eine mitreißende Show auf die Beine und konnten auf echte Humoristen und Bühnenprofis zurückgreifen. Urkomisch die Einlage von Alfred Kagerer und seinem Team, das in Detektivarbeit herausfinden wollte, was denn nun Marktl für die Übernahme einer Patenschaft qualifizierte. Leider haben sie beim Auskundschaften nicht viel Positives gefunden: So bemerkten sie etwa, dass der kulinarische Höhepunkt in Marktl der Gickerlwagen sei, der jeden Donnerstag in den Ort komme. Bilder auf einer Riesenleinwand unterstrichen die traurige Ausbeute: „Vui hamms net in Marktl“.
Schließlich erwogen sie sogar eventuell aus Mitleid die Patenschaft zu übernehmen. Gegen die Übernahme sprach allerdings, dass die Marktler nicht einmal einen eigenen Festplatz bieten können und das Jubiläum 2026 auf dem Sportplatzgelände – also auf Stammhamer Grund – ausrichten müssen.
So sehr sich die Marktler Bittsteller auch anstrengten und viele Pluspunkte aufzählten – sie konnten zunächst nicht überzeugen. Nicht einmal mit dem eigens gedichteten Schmeichellied „Bella, bella, Niedergern“. Auch die Bürgermeister Schirmherr Benedikt Dittmann aus Marktl und sein Haiminger Amtskollege Christian Szegedi, waren bei einem Ratespiel und mit Gesangseinlagen gefordert. Zum Gelingen des höchst amüsanten Abends trugen auch wesentlich die Brüder Tom und Andi Maier bei, die als echte Gaudiburschen witzig, pfiffig und souverän das Programm moderierten und alle, auch die Prominenz aus Gemeinden und Kirche, tüchtig aufzwickten. Für die einzelnen Bittdurchgänge hatten sich die Niedergottsauer so einige Torturen und Druckmittel für die Bittsteller ausgedacht. So präsentierten sie zunächst den „Freibierschinda“, ein Dreikantholz mit Sägeblatt obendrauf, das aber dann doch gegen ein humaneres Scheid ausgetauscht wurde. Selbst die Festdamen wurden nicht geschont. Am meisten hatte Festleiter Benedikt Seeling zu leiden, der bei jedem Durchgang auf dem Buchholz knien musste und weiteren Schikanen ausgesetzt war. Dass keine illegalen Hilfsmittel wie etwa Knieschoner eingesetzt wurden, darauf achtete die Niedergottsauer Patenbraut Mirjam Steiner ganz streng. Nach und nach wurden die Gruppen auf die Knie gezwungen, neben der Vorstandschaft und dem Festausschuss auch der Schirmherr sowie Brauerei-Geschäftsführer Johannes Heimeldinger und Franz X. Bruckner. Da galt es, gleichzeitig Weißbiergläser zu leeren, die in Löchern auf einem langen Brett serviert wurden. Die Feuerwehr-Funktionäre auf dem Dreikantholz mussten scheußlichen Bauerntequila trinken und als die Niedergottsauer den Druck verstärkten und ihnen noch schwere Atemluftgeräte auf die Rücken hievten, versprachen sie alles – und bei der Zusage von 500 Litern Bier beim großen Jubiläum ließen die Niedergottsauer schließlich Gnade walten.
Die Marktler erfüllten alle Aufgaben mit Bravour und weil alle so schön flehten, ließen sich die Niedergottsauer erweichen und sagen die Patenschaft zu. Sie stimmten sogar ein richtiges Liebeslied für die Marktler mit dem Titel „We are from Niedergern“ nach der Melodie „I´m from Austria“ an und gaben dann auch zu, dass sie gern dabei sein wollen, „bei eichan Fest in Stammham“. Die Vorstände richteten noch viele Dankesworte an alle Beteiligten, so auch an die Marktler Festdamen Hannah Broschat, Sandra Maier, Ingrid Weiser und Veronika Edhofer. Das fröhliche Fest, die tadellose Bewirtung und das schöne Miteinander, bei dem beide Seiten vollen Einsatz zeigten, darf schon als gutes Omen für das große Feuerwehrfest 2026 betrachtet werden.
Quelle: Alt-Neuöttinger Anzeiger (Mittwoch, 15.10.2025; mk)